Rheinische Post, Menschen und Stadt 10.09.2020

Text und Foto von Franziska Rother

 

 

Wesel. Künstlerin Iris Jurjahn, die ihr Atelier im Haupttorgebäude der Zitadelle in Wesel hat, vermisste während der Corona-Zwangspause den Kontakt nach außen. Denn sie gibt auch Kurse an der VHS, die jetzt wieder angelaufen sind.

 

 

„Kunst ist lebensrelevant“

 

Ein kleiner, heller Raum im Hauptorgebäude der alten Zitadelle ist seit etwa zwei Jahren das Atelier von Iris Jurjahn. Beim Eintreten einmal Innehalten. Genau wie ihr Thema von 2012 bis 2014 in der Meisterklasse im Fachbereich Malerei und Grafik am Institut für Ausbildung in bildender Kunst und Kunsttherapie der Universität Bochum.

 

 

An den Wänden hängt eine Auswahl ihrer Werke: Gespachtelt, gepinselt, getupft, zerrissen, sortiert und geklebt. „Ich probiere immer Verschiedenes aus. Mal zeichne ich, dann male ich wieder mehr. Letztes Jahr waren viele Collagen dabei, aber auch Drucke habe ich schon gemacht“, erzählt die gebürtige Gelsenkirchenerin. Inspiration erlangt sie dabei vor allem durch andere gestalterische oder musikalische Künstler, aber auch Bücher und Filme, die sie in eine andere Welt verführen, können Anhaltspunkte seien.

 

Besonders neue Kunst, die Mut beweist, nimmt sich die Alpenerin als Vorbild, sich nicht auf eine Art des Ausdrucks zu versteifen, sondern sich stetig selbst weiterzuentwickeln. „Meistens wähle ich phasenweise immer andere Techniken und Materialen, aber meine Hauptthemen bleiben die Landschaften, Menschen und die Wirkung von Farben. In ihnen spiele ich mit den Schnittstellen von Abstraktem und Wiedererkennbarem, von Chaos und Harmonie.“

 

 

Schon während des Studiums erlangte die 47-jährige erste Kontakte zu der Weseler Ateliergemeinschaft Z6, indem sie Ausstellungen und Tage der offenen Tür besuchte. „Als Pierre Bailly dann 2018 bei einer Ausstellung in Rees auf mich zu kam und meinte, dass er wüsste wo ich demnächst mein Atelier haben würde, war ich erstmal sprachlos. Schließlich habe ich mir immer vorgestellt, den kleinen Raum am Ende des Flures beziehen zu können“, erinnert sich Jurjahn.

 

Dann sei alles sehr schnell gegangen. Innerhalb weniger Wochen war das Atelier fertig eingerichtet und bereit für die Weseler Kulturnacht. Seitdem hat sie sich aber auch an anderen Orten ausbreiten können, wie beispielsweise letztes Jahr bei einer Ausstellung im Wasserturm, die auch fürs kommende Jahr wieder geplant ist.

 

In der Volkshochschule trifft man die Künstlerin seit Herbst vergangenen Jahres, zunächst nur in Workshops und mittlerweile auch als Dozentin in Malerei- und Zeichenkursen. Jetzt laufen diese alle wieder regulär nach der Corona-Zwangspause, zehn Stunden die Woche.

 

 

Glück für Jurjahn, die den regelmäßigen Austausch mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen schmerzlich vermisst, aber an eine Weiterführung in einem Online-Format war zu keinem Zeitpunkt zu denken. „Allein schon die Farben sehen auf jedem Bildschirm anders aus“, ärgert sie sich, denn Kunst sei schließlich lebensrelevant und diene den Menschen als Stütze, Ablenkung oder auch Bereicherung.

 

 

Daher wünscht sich die freischaffende Künstlerin in der momentanen Situation auch mehr Unterstützung von den Verwaltungsorganen und hofft auf die Teilnahme an den angebotenen Kursen. Wer auch mal in ihre Welt hineinschnuppern und die Atelierräume für eine Besichtigung oder eine Einzelstunde besuchen möchte, kann auch dies gerne vereinbaren.

 

 

 

Wichtig ist für Jurjahn dabei, die Schwelle zur Kunst für die Kursteilnehmenden und Besucher so niedrig wie möglich zu halten. Alles, was sie selbst in Workshops und in ihrem Studium gelernt hat, möchte sie in einer freien Form weitergeben. Ganz nach dem Motto: Alles ist möglich. Egal mit welcher Technik oder welchem Material man sich individuell verbunden fühlt. Am Ende geht es besonders um die Wirkung der entstandenen Werke.

 

Quelle: Rheinische Post

 

 

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